Wie Štefan Ocovský in dieser Zeitschrift ("Zur Religionsgeographie der Slowakei", in: ÖOH (Österreichische Osthefte) 36 [1994], 69 ff.) ausführte, verfügt die Religionsgeographie in der Slowakei über wenig Tradition. Während sich diese Disziplin international gesehen seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zu etablieren begann, blieb sie in der Slowakei aufgrund ihres Forschungsgegenstandes mehr oder weniger Tabu. Erst die gesellschaftliche Wende 1989, zu der gerade auch unter dem Aspekt der Religion ganz erheblich beigetragen wurde, machte es möglich, dass sich auch die verschiedenen säkularen Wissenschaftsdisziplinen, Geschichte, Philosophie, Literatur - und eben auch die Geographie, um nur diese zu nennen, ohne Störungen den religiösen Merkmalen widmen können. Mit der Volkszählung des Jahres 1991 war dann auch das entsprechende Datenmaterial gegeben, weil erstmals wieder die Frage nach dem Religionsbekenntnis gestellt wurde. Das Ergebnis war verblüffend, denn es wurden die kirchlichen Schätzungen aus den Jahren davor doch in beträchtlichem Maße falsifiziert. In der erwähnten Untersuchung, die sich sehr gut zur Begleitlektüre zum rezenten Atlas der Religionen eignet (in dem auf S. 74 angeführten Literaturverzeichnis scheint der genannte Aufsatz von Ocovský merkwürdigerweise nicht auf), orientiert sich der unterdessen verstorbene Verfasser, den man wohl zu den Stützen der slowakischen Religionsgeographie zählen durfte, an der Veränderung der konfessionellen Struktur der Bevölkerung. Er tut dies an Hand der Daten von 1880, 1890, 1900, 1910, 1921, 1930 und 1950 sowie 1991, wobei er sich auf drei erkenntnisleitende Prinzipien bezog: 1. die Erfassung der konfessionellen Struktur der Bevölkerung und ihrer Veränderung in der Slowakei im Ganzen, aber auch in deren Regionen und Orten, insbesondere in den Städten, unter Berücksichtigung der Faktoren, die diese Struktur beeinflussen; 2. die Untersuchung der räumlichen Organisation der Kirchenverwaltung, insbesondere im Blick auf die großen Volkskirchen mit fester Organisationsstruktur; 3. die Untersuchung der kirchlichen Infrastruktur (Kirchen, Klöster, Einrichtungen der Kirchenverwaltung, konfessionelle Schulen, kirchliche Sozialeinrichtungen, Wallfahrtsorte) und ihrer Beziehung zum System der zentralen Orte (vgl. ÖOH 1994, 71).

Die vorliegende und hier anzuzeigende Publikation wurde mit Unterstützung des Ökumenischen Rates der Kirchen in der Slowakischen Republik und der Aussenstelle Bratislava des Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts herausgegeben. Man wird sie als ein ökumenisches Ereignis werten dürfen, denn das verantwortliche Autorenkollektiv nimmt nicht nur die großen Volkskirchen in der Slowakei (Römisch-katholische Kirche, die Griechisch-katholische Kirche, die Evangelische Kirche A.B.) in den Blick, sondern auch die kleinen Minderheitskirchen: die (überwiegend ungarischsprachige) Reformierte christliche Kirche, die Orthodoxe Kirche, das Judentum, die Evangelisch-methodistische Kirche, die Brüdergemeinden der Baptistenkirche, die Tschechische Brüderkirche, die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die Apostolische Kirche, die Altkatholische Kirche, die Christlichen Brüdergemeinden, die Tschechoslowakische Hussitische Kirche, die Gemeinde der Zeugen Jehovas. Es sind somit alle 15 zur Zeit gesetzlich anerkannten Kirchen in der Slowakei berücksichtigt, während die Religiosität jenseits der gesetzlichen Anerkennung ausgespart wird, die Sektenproblematik wird nicht erörtert. In den Tabellen und insgesamt 45 Hochglanzkarten sind aber auch die Atheisten ausgewiesen, "die sich zu keinem Glauben bekennen", vor allem die zunehmende Zahl derer, die unter dem Schutz der Religionsfreiheit ihre Religionszugehörigkeit verschweigen. Die Informationsblätter über die einzelnen Religionsgemeinschaften enthalten kurze geschichtliche Skizzen, orientieren über das jeweilige Profil, die Lehre der einzelnen Religionsgemeinschaft, und geben die Organisationsgliederung bekannt. Das Inhaltsverzeichnis und die Kurzresumes wurden ins Deutsche übersetzt. Somit ist eine religionsgeographische Bestandsaufnahme gegeben, von der gewiss weitere Studien mit Gewinn ausgehen werden.

Univ.-Prof. Dr. Karl Schwarz: Österreichischen Ostheften, Jg. 43, 2001, Heft 1/2, S. 230-231.